HSP + Essen


Hochsensible und Essstörungen

Seit 2008 teste ich in meiner Arbeit als Psychotherapeutin am Zentrum für Menschen mit Essstörungen in Zürich alle Betroffenen systematisch auf Hochsensibilität. Ich benutze dazu den Orginaltest von Prof. Aron mit 23 Items. Ab 12 zutreffenden Antworten sind die Personen wahrscheinlich hochsensibel.

Überblick der Ergebnisse
2008: 88%
2009: Gesamtzahl getesteter Personen: 17. Davon hochsensibel: 14 = 82%
2010: Gesamtzahl getesteter Personen: 26. Davon hochsensibel: 26 = 100%
2011: Gesamtzahl getesteter Personen: 17. Davon hochsensibel: 17 = 100%

Die Ergebnisse sind überwätligend: Die überwiegend grosse Mehrheit der Menschen, die eine Herausforderung im Essverhalten haben, sind zugleich hochsensibel!

Wie lässt sich das erklären? Einige Überlegungen zu möglichen Zusammenhängen:
  • Hochsensible haben vielleicht die Erfahrung gemacht, dass nichts auf der Welt verlässlich ist, noch nicht einmal die eigenen Körpermeldungen. Essstörungen sind ein verzweifelter Versuch, hier Macht zu erhalten.
  • Essstörungen erlauben es den Hochsensiblen die Überfülle an Reizen zu reduzieren, indem sie die inneren ausschalten.
  • Menschen mit Essstörungen sind noch zum überwiegenden Teil weiblichen Geschlechts. Frauen finden wir in leisen, angepassten, unauffälligen Suchtformen wie eben Essstörungen. Dies erlaubt den meisten ein trotz allem gesellschaftskonformes, leistungsorientiertes Leben.
  • Vielleicht finden sich unter den Menschen mit Verhaltensstörungen mit Suchtanteil oder unter den Süchtigen oder generell unter den Personen, die in eine psychotherapeutische Praxis kommen viele Hochsensible.
  •  Sicher haben viele Hochsensible erfahren, dass sich Verhaltensmuster am Ende schlecht anfühlen. Zum Trost bietet sich Essen an.
  • Fructose- und/oder Lactoseintoleranzen, sowie andere Unverträglichkeiten verwirren. Nichts essen kontrolliert.
  • In der Pubertät erweitert sich das Gefühlsrepertoire und spitzt sich gleichzeitig zu. Einige Hochsensible können / wollen diese vielen Gefühle nicht aushalten. Sowohl essen, wie auch nichts essen ist geeignet Gefühle weg zu machen.
  • Wahrscheinlich haben viele Kinder die Erfahrung, dass sie beim Ausdruck von Unwohlsein (=weinen) mit Essen 'gestillt' wurden. Diese Erfahrung kann sich zu einem Muster verdichten. Erheblich viele Hochsensible sind ZweiflerInnen, was Unwohlsein hervorruft.
  • Die grossen Gerechtigkeitsgefühle der HSP kollidieren mit der Realität. Mögliche Folge: Frust. Folge: Zweifel / Gefühlschaos. Dies kann mit Essen gedämpft werden.
  • Fällt die extrinsische Kontrolle (Eltern, LehrerInnen etc) weg und ist noch keine ausreichende intrinsische Kontrolle aufgebaut, kann auch das Essmuster verloren gehen.
  • Der soziale Stress beim Essen, der von Hochsensiblen empfunden werden kann, führt zu Selbstzweifel, die mit Süssem abgebaut werden wollen.
  • Überschwemmung durch Gefühle, d. h. die Angst vor Kontrollverlust  kann mit wenig Essen kontrolliert werden.
  • Essen wird häufig bei Müdigkeit als Starter eingesetzt. Viele HSP sind auch Perfektionisten, die sich keine Ruhe gönnen können.

Falls Sie Hilfe zum Thema Essstörungen brauchen, wenden Sie sich an:
info[affenschwanz]essstoerung.ch oder Tel. 044 291 17 17